Zum Abschluss unserer 15-teiligen Serie für Charterskipper wollen wir nach aller Theorie mal etwas aus der Praxis berichten. Hier ein kleiner Törnbericht "vom Dreamteam" erlebt bei einem Erstlingstörn rund um die Insel Elba...
Marina gefunden. Wie Reisen früher nur ohne Navigationssystem im Auto funktioniert hat, dabei hatten wir das Gefühl dass es auch Alternativrouten gegeben hätte, die Fahrt quer durch die Toskana wäre nicht unbedingt nötig gewesen.... Sei‘s drum, das Büro der Chartergesellschaft war dagegen einfach zu finden. Der nette, sportliche Mann, Antonio, nimmt uns in Empfang- alles tutto bene... Voucher übergeben, Papiere gecheckt, keine Zeit verlieren. Auf zum Steg und das Schiff in Empfang nehmen. Da war er, der nicht bedachte Moment: Ist das groß und die Box so klein - cool bleiben....dachte ich mir als Skipper, nur keine Verunsicherung bei der Crew erwecken, die war nämlich noch nie länger als ein paar Stunden auf einem Segelboot, die größte Sorge der beiden war die Seekrankheit... Für mich völlig bedeutungslos, meine Sorge war eine ganz andere: Ich habe nämlich so einen „großen Dampfer“ bis dato nur in der Theorie gesteuert, und der Wind machte so „komische“ Geräusche, als er durch die Wanten pfiff......
Dem Unbehagen in der Magengegend wirkte die ausführliche Schiffsübergabe- und Einweisung als „vertrauensbildende“ Maßnahme sehr entgegen, den Rest erledigte anschließend die Behandlung von „Dr. Ramazzotti“... Je länger wir an Bord waren, desto ruhiger wurde ich, das Ablegemannöver gänzlich verdrängt, denn das ist ja erst morgen früh. Nun galt es das Gepäck und den Proviant fachmännisch zu verstauen und alle Details des Schiffes in Ruhe nochmals zu checken. Wie war das gleich noch mal mit dem GPS?... Na egal, wir hatten unser eigenes Gerät zur Sicherheit dabei, damit war ich bestens vertraut.
Die Knotenkunde und Sicherheitsunterweisung meiner Crew hat hervorragend funktioniert, die Jungs erwiesen sich als echte Talente... Die Nacht verlief ruhig, der Wind flaute ab, welch ein Glück..., dann war er auch schon da, der nächste Morgen. Frühstück an Bord, Sonne, gute Stimmung, klar Schiff und dann:
Motor an, Leinen los, größte Anspannung jetzt das (verdammte) Ablegemannöver! (Eigentlich könnten wir doch auch eine Woche im Hafen bleiben, der ist echt schön...) Manch einer hat den sonst heiß ersehnten Wind schon verflucht, aber wir hatten nur eine leichte Brise, besser hätte es nicht sein können! Eingekuppelt und.... ach, die Bordstromversorgung hängt auch noch in der Landsteckdose, ausgekuppelt. So ein Kabel hält erstaunlich viel aus.... (das Szenario wollen wir jetzt nicht weiter ausführen). Kurzum auch das hat noch geklappt, Mannöver nochmals begonnen- Kurs Hafenausfahrt...
Keine Sorge liebe Skipper: Das Zittern in den Knien ist normal und keine frühzeitige Ausfallerscheinung, es vergeht wieder nach der Hafenausfahrt und die Hände werden auch wieder trocken....
Geschafft, auf See - der Urlaub geht tatsächlich los! Das Anlegen- vielleicht auch noch „römisch katholisch“ am Abend verdrängen wir, da ist noch viel Zeit hin! Vielleicht doch
besser Ankern? Wie wird nur das Wetter in der Nacht? Fragen über Fragen und Entscheidungen die ein Skipper treffen muss, eigentlich habe ich doch Urlaub? Die Jungs haben‘s sich bequem gemacht, Euch werde ich helfen:
Klar bei Segel! Auf offener See (sieht uns wenigstens keiner) schön den Bug in den Wind gestellt, Segel hoch, Motor aus , auf Kurs gehen... klappt ja wie am Schnürchen, das nötige Aufkreuzen ist Übung und keine Schikane Jungs! Herrlich die Stille, 5 Knoten fahrt, blauer Himmel, Sonne pur- was wollen wir mehr? Die Überfahrt zur Insel Elba nahm ihren Lauf. Ein paar mehrere Stunden später:
Land in Sicht, nun gilt‘s eine Bleibe, besser eine Marina für die Nacht anzulaufen. Gesagt, getan, die Marina kam immer näher, Fender raus, Leinen und Bootshaken klar, Liegeplatz ausgemacht: Wo ist eigentlich hier der Marinero, der die Muring zieht und beim Anlegen hilft? Na Bravo... Da vorne an Steuerbord ist am Ende des Steges ein freier Liegeplatz, offen zur Seite, perfekt für uns.
Na dann, wollen wir mal anlegen. Warum eigentlich mit dem Heck zum Steg, wenn kein Marinero da ist, werden wir das Manöver ganz nach unserem Geschmack vollbringen: Vorwärts an die Pier ist doch viel einfacher! „Peilung“, langsam Ruder legen, kein Wind- das ist perfekt, auskuppeln, aufstoppen, Dampfer steht. Yeah, ich bin der Größte! Jungs macht die Kiste noch ordentlich fest, ich hole derweil die Dosen aus dem Kühlschrank. Wir sind das „Dreamteam“! Die Pizza im Ort hat bravorös geschmeckt, der Schlummertrunk ebenfalls, keine Anzeichen von Seekrankheit, die Woche scheint perfekt zu werden, die Wettervorhersage sagt nur gutes voraus. Der nächste Morgen ging wie der Abend reibungslos von statten, Kaffee, Frühstück, Duschen, klar Schiff zum ablegen, wir wollen schließlich die Insel umrunden und spekulieren mit einem Abstecher nach Korsika...
Klar zum ablegen, Leinen los, eingekuppelt, plötzlich ein Ruck im Schiff, was war das? Im selben Moment war der Motor aus.... Na ja kann ja mal passieren, Motor wieder an, eingekuppelt, Ruck und aus.... Ich ahne es, und wir trieben auch nicht ab, nein, die Muring saß so fest im Propeller, daß das auch unmöglich gewesen wäre...
Und nun - wo ist die Taucherbrille?..... einer muss runter! So warm ist das Wasser im Mai auch noch nicht, also wird geknobelt... Anton, der „Schwimmer“ ging tapfer auf Tauchstation, fummelte und fummelte und bei jedem auftauchen die Frage: „hast sie los bekommen?“ Nee, nee und nee, plötzlich ein Knall am Rumpf, unser Taucher kommt hoch und hat Schmerzen am Finger.... Ablösung ist angesagt, nach zig Tauchgängen hat er es auch verdient, der arme Kerl.... also ging ich runter und nach etwa 20 weiteren Tauchgängen war‘s dann so weit: Propeller wieder frei.... Mit Verspätung haben wir abgelegt, die Laune stieg wieder, aber auch Anton‘s Schmerzen am Mittelfinger, er war an dem Leinenkneul abgerutscht und mit der Hand an die Kante vom Propeller geknallt.
Der restliche Törn verlief ohne Probleme, auch die fortan römisch katholischen Anlegemanöver funktionierten reibungslos, lediglich eine Bucht mit Quallen und Schwell in der Nacht hat uns den Schlaf geraubt. Den Abstecher nach Korsika haben wir gestrichen, wir wollten schließlich keine Hektik... Der Finger war, wie sich zuhause rausstellte angebrochen, hielt aber den Törn gut durch, auch die Schmerzen gingen weitgehend zurück, wir haben zusätzlich „von innen behandelt“, das hat selbstverständlich den Heilprozess gefördert....
Segeln ist toll- bleibende Erlebnisse garantiert.....!
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